Wirkungsweise und Verarbeitungsmöglichkeiten heilender und stärkender Pflanzen
Eine muntere Schar eifriger Kräutersammler und Wurzelgräber traf sich zum angekündigten ersten „Erdenreich“ – Seminar mit der Kräuterfee Brigitte Bussenius im Oktober ’22. Angekündigt und geplant war das Seminar mit „Herbstzeit – Wurzelzeit„. Denn im Herbst ziehen die Pflanzen normalerweise ihre Kräfte und Reserven in die Wurzeln zurück, die Blätter welken, fallen ab und sorgen für eine fruchtbare Humusschicht.
Doch die Wetterentwicklungen im Jahr 2022 verliefen anders als üblich: Seit April gab es in Schildau eine Dürre ohne Regen, von einem kurzen wenig ergiebigen Schauer im Juli abgesehen. Große Hitze und Mangel an Wasser sorgte dafür, daß viele der Kräuter nur unterentwickelt vor sich hin vegetierten. Erst die Regenschauer im September und die wärmeren Tage der ersten Oktoberhälfte bescherten vielen Pflanzen quasi einen zweiten Frühling.
Planänderung: Heilkräuter vor der Haustür
So treiben viele der Kräuter im diesjährigen Herbst nun noch einmal frische Blätter und einiges blüht sogar. Von einer Ernte stofflich angereicherter Wurzeln konnte – anders als erwartet – also vorerst keine Rede sein.
Kräuterexkursion vom Kirchberg zum Salzberg
Stattdessen ging es in Schildau am Kirchberg und dem nahen Salzberg bei schönstem Sonnenwetter auf die Suche nach verschiedenen Heilkräutern. Das sind absolut keine Wunderkräuter, sondern in der Regel die ganz normalen Alltags – Begleiter, auf die viele Mitmenschen eher unter dem Stichwort „Unkraut“ Jagd machen.
Denn leider ist soviel Wissen über heilsame oder auch einfach würzige Wildkräuter verlorengegangen. Wer weiß zum Beispiel, daß der „gefürchtete“ Löwenzahn (manchmal Hundeblume, Kuhblume, im Fruchtstadium „Pusteblume“ genannt) eine vielseitige Heilpflanze ist, die blutreinigend und harntreibend wirkt. Selbst Preußenkönig Friedrich der Große wurde wegen kranker Nieren mit dem Extrakt der Pflanze behandelt. Auch als Kosmetik fand Löwenzahn Verwendung – vielleicht sollte die gelbe Schönheit statt als Futter für den Rasenmäher lieber für Löwenzahn – Masken verwendet werden. Und im Wildkräutersalat dürfen die jungen Blätter des Löwenzahn nicht fehlen.
Bereits im Garten Erdenreich huldigten die Exkursions – Teilnehmer dem Beinwell. Dieser stärkt dort in symbiotischer Beziehung mit den Obstbäumen die Wachstumskräfte derselben auf vielen Baumscheiben – gezielt verbreitet und verpflanzt. Auch im Gemüsegarten dient Beinwell als kräftigende Mulchbeigabe. Wie der Name verspricht, tut Beinwell den Beinen, also Knochen und Sehnen gut, hilft bei der Wundheilung ebenso wie bei Sehnenscheiden – Entzündungen. Weitere heilsame Kräuter im Garten Erdenreich sind die Mariendistel und der Einjährige Beifuß.
Wermuth, Schafgarbe, Weißdorn..
Auf der Salzbergwiese galt die Suche dem Wermuth (artemisia absinthium), dem Bruder des Beifuß. Weil diese erst kürzlich gemäht worden war, blieben die Funde recht bescheiden. Wermuth gilt als appetitanregend und wirksam gegen Magenverstimmungen sowie Blähungen. Auch die Melde wächst auf vielen offenen Flächen, in Gärten wie am Straßenrand. Die Samen wurden in Notzeiten verwendet, um knappe Mehlvorräte zu strecken. Frische Blätter können ebenfalls im Wildkräutersalat verwendet werden. Schafgarbe und Rainfarn wurden früher gesammelt und getrocknet als Apotheker – Kräuter verkauft. Heute gelten sie vielen nur noch als Unkräuter. Wer mal an den Blüten der Schafgarbe reibt, dem steigen die aktivierten ätherischen Öle in die Nase. Der Rainfarn riecht schon nach Medizin. Wegerich, sowohl als Spitz- wie auch als Breitwegerich lindern z.B. bei Insektenstichen, wenn die Blätter zerrieben und auf den Stich aufgelegt werden. Die Pflanze ist auch bei Schleimhautentzündungen und trockenem Reizhusten wirksam.
Leider waren die Fundorte während der Kräuterexkursion meist auf den „Restflächen“ an Wegrändern, wo Autos ihre Abgase verbreiten und Spaziergänger Hunde „gassi führen“. Verständlicherweise eignen sich diese Quellen nicht zur Sammlung von Heilkräutern. So wurden im Seminar zwar viele Kräuter entdeckt, bestimmt und erläutert, aber nicht gesammelt. Das bleibt der späteren Eigeninitiative der Teilnehmer überlassen.
Wurzeln und Proben – häuslicher Kräutervorrat
Zurück im Garten Erdenreich konnte die Kräuterfee Brigitte Bussenius noch eine Reihe von Wurzelkräutern vorstellen und an die überaus wissbegierigen Teilnehmer verteilen, die sie von ihren eigenen Flächen an der Schildauer Forstbaumschule mitgebracht hat. Außerdem schnupperten alle an fertigen Teemischungen, Wurzelpulvern und Elixieren und erhielten Tips zu deren Verwendung.
Mit der Kräuterexkursion bei unerwartetem Sonnenschein (eigentlich waren mal wieder Schauer angekündigt) nahm das Seminar einen etwas anderen Verlauf als geplant. Doch so bleiben weitere Themen wie die Zubereitung von Wurzeln für Tinkturen und Präparaten für spätere Seminare offen, für die sich die Teilnehmer jedenfalls schon mal interessiert und erwartungsfroh zeigten.