Meditativ entspannt oder sportlich – Wiesen mähen mit der Handsense

Sensen mit Spaß – großer Andrang im Garten Erdenreich

Am Samstag Nachmittag bei schönstem Sonnenschein strebten zahlreiche Herren und Damen mit Sensen über der Schulter in gespannter Erwartung dem Schildauer Kirchberg zu. Garten Erdenreich hatte zusammen mit den Sensen – Profis „Salbitzer Kümmerlinge“ zum workshop eingeladen. Der richtige Umgang mit der Handsense stieß auf reges Interesse von Besuchern aus Nah und Fern.

Qualität der Sensen – überwiegend brauchbar

Ein Fundstück von der Wiese wird poliert
Das Fundstück von der Wiese wird poliert

Bei den mitgebrachten Sensen war vom Wiesenfund über Opa’s altes Blatt vom Heuboden bis zur Baumarkt – Sense alles dabei. Auch die Salbitzer präsentierten ihre vielfältige Sammlung vom Alltagsgerät bis zur Meistersense. Die erste Frage der Besucher war in der Regel – ‚taugt mein Blatt was?‘ Es zeigte sich, daß auf dem Lande noch ziemlich viel Qualität an Sensen zu finden ist. Selbst die verschlammte, oberflächlich rostige Klinge mit dem abgebrochenen Baum, die in einer Wiese südlich von Schildau steckte, entpuppte sich nach Reinigung und Politur als taugliches Werkzeug.

Dengeln – das Geheimnis scharfer Sensen

Qualität der Sense beurteilen
Begutachtung der Qualität von Sensen

Das Wichtigste vor der Mahd ist das Dengeln. Durch das Dengeln wird die feine Schnittkante der Sense verdichtet und geschärft – fast wie eine Rasierklinge oder ein Samurai – Schwert. „Der Dengel muß rollen“ heißt es – drückt man mit dem Daumennagel von unten gegen die gedengelte Schnittkante, soll sie sich elastisch der Form anpassen. Nur so geht die Sense durch die Wiese „wie durch Butter“. Die Sense auf dem schmalen Amboß immer gut zu treffen und mit dem richtigen Gefühl zu arbeiten, beansprucht die Geduld schon etwas. Mittlerweile gibt es allerdings mit dem „Dengel-Bengel“ eine gute Alternative für Laien, bei dem das Sensenblatt nacheinander unter zwei verschieden profilierten Schlaghülsen durchgezogen wird. Auch die Salbitzer verwenden zum Dengeln verschiedene Hilfskonstruktionen wie ein Auflage – „Treppchen“ oder einen höhenverstellbaren Bock mit Lagerrolle, um die Sensenblätter während des Dengelns zusätzlich zu stützen. Diese Beispiele gaben gute Anregungen für die Besucher, um den eigenen Dengelstock zu ergänzen und die Arbeit zu erleichtern.

Ein Treppchen hilft beim Dengeln die Sense auf dem Amboß zu halten
Das Auflage – „Treppchen“ hilft, ein Sensenblatt beim Dengeln zu halten

Nur mit der richtigen Einstellung geht’s leicht

Ist das Dengeln erledigt, wird die Klinge am Sensenbaum befestigt und die Sense eingestellt. Das ist das zweite große „Geheimnis“ beim Sensen – der Winkel zwischen Baum und Blatt muß stimmen.

Mehrfach war von den Salbitzer Sensenmeistern zu hören – ‚.. es muß Spaß machen‚ und dann kann man sich auch größere Wiesen ohne übermenschliche Anstrengung vornehmen ‚.. und Spaß macht’s nur, wenn die Sense gut gedengelt und richtig eingestellt ist‚. Deshalb lag der Schwerpunkt des workshops für die meisten Teilnehmer auch mehr bei diesen Fähigkeiten.

Einstellen der Sense - der richtige Winkel zwischen Baum und Blatt ist entscheidend
Einstellen der Sense (Winkel zwischen Sensenbaum und -blatt)

Das Üben des Sensens selbst an den Böschungen im Duftgarten war fast schon Nebensache. Mit den gut gedengelten Sensen ging das wie von allein – selbst an den Schrägen aufwärts. Auf den Wiesenstreifen gab es quasi „Einzelunterricht“, um den einen oder anderen „Formfehler“ zu korrigieren. So ganz ohne praktische Erfahrung im Umgang mit der Handsense war wohl keiner der Besucher.

Fachsimpelei bei der Sensen - Mahd
„Einzelunterricht“ auf der Wiese

Im Takt der Dengel – Hämmer

Zum Abschluß des lehrreichen Nachmittags präsentierten die Salbitzer Kümmerlinge vor der Kulturscheune ihre Version der „Amboß – Polka“ und verabschiedeten sich mit einer fast-schon-Zusage für’s nächste Jahr. „Es muß Spaß machen.. “ – den Salbitzern konnte man den Spaß an der Sache den ganzen Tag über ansehen..

Mähen mit der Sense – ist das nicht von vor-gestern?

Das Mähen von Wiesen mit der Sense erfreut sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. Die Gründe und Hintergründe sind vielfältig: Für einige ist es ein Handwerk, welches von den Altvorderen beherrscht wurde, aber nun droht, in Vergessenheit zu geraten. Andere sehen’s sportlich – Sensenmähen spart einfach so manche Stunde im stickigen fitness – Studio. Doch wer die Technik richtig beherrscht, wird bald bemerken, daß das Mähen mit der Handsense sogar etwas Meditatives hat. Wieder andere sind nur noch genervt von den allzeit dröhnenden und stinkenden Rasenmähern, die vor allem an sonnigen Tagen die Ruhe stören – die Sense ist eine leise und saubere Alternative.

Mann mit Sense

Und dann gibt es noch den ökologischen Aspekt – mit der Sense seine Wiesen zu mähen, ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag zum Arten- und Biotopschutz. Denn Rasen müssen – technisch bedingt, tatsächlich aller paar Tage gemäht werden, sonst kommt der Rasenmäher nicht mehr durch. So kann keine Wiese wirklich wachsen, schon gar nicht zur Blüte kommen. Keine Blüten – keine Schmetterlinge!

Mit der Sense fällt es viel leichter, nicht alles auf einmal zu mähen, wie mancher das mit dem extra geborgten Traktor macht. Durch mosaikartig gemähte Wiesen, wo kurzer Mahdrasen neben halbhohen und hohen, mähreifen Gräsern und Kräutern steht, gibt es viel mehr Flucht- und Rückzugsräume für die zahlreichen Wiesenbewohner wie Kröten, Blindschleichen, Eidechsen, Schmetterlinge usw.

Und ja, natürlich – im Rasen gibt es keine Kräuter. Die brauchen ihre Entwicklungsperiode bis zur Blüte und Samenbildung, dazu reichen 2 Wochen bis zur nächsten Rasenschur nicht aus. Keine Kräuter – keine Gesundheit. Der Wohlgeruch gemähter Wiesen, der „irre Duft von frischem Heu“ steht für lebensspendende Kraft der Natur…

Ganz nebenbei stärkt auch das Mähen mit der Sense den Mensch und seine Gesundheit und spart stattdessen eine Menge fossiler endlicher Energie.

Gründe genug, Opa’s gute alte Sense wieder rauszuholen….

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